Kalifornien

von Bettina Homann



Am späten Vormittag landete Ron in Los Angeles. Als er auf seinen Koffer wartete, versuchte er sich zu erinnern, wie lange er und Jason sich nicht gesehen hatten. Zu Schulzeiten war Jason Rons bester Freund gewesen. Als Ron durch die automatische Schiebetür ging und Jason hinter der Absperrung stehen sah, dachte er, dass es viele Jahre sein mussten. Jasons Gesicht war runder geworden und an den Schläfen waren seine Haare grau. Er sah irgendwie verändert aus. Erwachsen. Das war das Wort, das Ron einfiel. Jason sah erwachsen aus. Aber mit 32 war man wohl erwachsen, eine Tatsache, die Ron immer wieder in Erstaunen versetzte. „Hey, Mann“. Jason klopfte Ron auf die Schulter. Einen Moment lang sahen sie sich zögernd an, dann umarmten sie sich. Am Delta- Schalter hinter ihnen schrie ein Mann seine Frau an, weil sie die Tickets nicht eingesteckt hatte. „Du bist einfach zu blöd“, schrie der Mann. Die Frau hielt einen kleinen Jungen auf dem Arm und sagte nichts.
Als sie ihre Umarmung beendet hatten, trat Jason einen Schritt zurück und musterte Ron. Die ausgebeulte Cargohose mit dem Riss am Knie, die schwarzen Puma Turnschuhe. „Siehst gut aus, Mann. Irgendwie-“  Er zögerte. „Europäisch.“  “ Er selbst trug Jeans und ein hellblaues button-down Hemd von Ralph Lauren. „Fang bloß nicht an, europäisch zu riechen“, sagte er und lachte. Ron kam es vor, als lachte er ein bisschen zu laut.

Er dachte an den Abschied von Dörte und Tim. Erst am Flughafen von Miami hatte er entschieden, nicht mit zurück nach Deutschland zu fliegen. Er konnte einfach nicht. Als er es ihnen gesagt hatte, hatte Tim angefangen zu weinen und Dörte hatte auf ihre Fußspitzen gestarrt und gesagt, was sie oft gesagt hatte in den letzten Tagen ihres Urlaubs. Ganz leise, so dass er sie nicht verstanden hätte, wenn er nicht genau gewusst hätte, was es war, das sie sagte: „Es tut mir leid.“
Ron und Jason gingen durch die Glastür nach draußen und Ron nahm seine Sonnenbrille aus dem Etui, das am Tragegurt seiner Umhängetasche befestigt war. Jason fuhr einen japanischen Kombi in metallic blau, in dem es chemisch roch. Wie in einer Reinigung. Am Zigarettenanzünder hing ein Elektrorasierer und auf dem Armaturenbrett klebte ein kleiner Messingrahmen mit einem Foto von Cathy. Auf einmal wusste Ron, wann sie sich das letzte mal gesehen hatten. Es war in New York gewesen, kurz bevor Jason und Cathy geheiratet hatten und an die Westküste gezogen waren. Ron dachte daran, wie er mit Cathy in der winzigen Küche gesessen hatte, nachdem Jason zur Arbeit in die Bank gegangen war. Vom Fenster aus konnte man den East-River sehen und in einer grünen Vase verwelkte ein Strauß Tulpen. Cathy kochte Zimt-Tee und  ließ die Tom Waits-CD, die er mitgebracht hatte, immer wieder von vorne laufen. Ron versuchte sich zu erinnern, worüber sie gesprochen hatten damals.
Jason schaltete das Radio an. Auf einem riesigen Plakat am Straßenrand wurde für einen Action-Thriller geworben. Im Hintergrund explodierte ein Auto.
Ron summte das Lied im Radio mit. Unter der Melodie lag Dörtes Stimme wie sie „Es tut mir leid“ sagt. Immer wieder seit dem Morgen nach der Nacht, in der sie verschwunden war.  Der Nacht, in der er im Haus auf und ab gegangen war und sich
überlegt hatte, ob er die Polizei rufen sollte. Weil er sicher war, dass irgendetwas passiert sein musste.
„Bitte frag nicht“ hatte sie gesagt nachdem sie zurückgekommen war im Morgengrauen, im weißen Träger-Shirt, das nass an ihrem Körper klebte. Der Anblick ihrer Brüste war ihm unangenehm gewesen. Ihre Hände, die die Kaffeetasse hielten, hatten gezittert. Er hatte Kaffee gekocht in der Hoffnung, die ganz normale Morgenroutine würde ihn beruhigen und Dörte kam genau in dem Moment zurück als der Kaffee fertig war. „Es tut mir leid. Es tut mir so leid, aber bitte frag nicht.“ Sie hatte geweint und er hatte nicht gefragt. Er hatte nicht vor zu fragen. Er wollte keine Einzelheiten. Er wusste, dass es die Einzelheiten waren, die einen umbringen. Die Einzelheiten, die sich im Kopf festsetzen wie Computerviren auf der Festplatte. Die man nicht loswird, auch wenn man alles verziehen hat. Auch wenn man alles verzeihen will.
Ron sah Jason von der Seite an. Er war gekommen, weil er das Bedürfnis nach einem Freund hatte. Jemanden, mit dem er reden konnte. Er dachte an die Mails, die Jason ihm schickte, witzig gemeinte Ketten-Mails, pornographische Video-Sequenzen, und auf einmal war er sich nicht mehr so sicher.

Jasons Bank-Job in New York hatte etwas mit der Entsorgung aus dem Verkehr gezogener Geldnoten zu tun gehabt. Zum Abschied hatte er Ron ein Einmachglas voll mit in feine Streifen geschnittenen Dollarnoten geschenkt.
Jason wohnte im San Fernando Valley nördlich von Hollywood, wo er für eine Filmproduktionsfirma arbeitete. Er entwickelte Programme für Special Effects. Sein Haus stand in einer Reihe Holzhäuser, die alle unterschiedliche Farben hatten, ansonsten aber genau gleich aussahen. Es war rosa und hatte eine große Garage, an der ein Basketballkorb hing. Ron erinnerte sich daran, wie Jason in der Schule immer bis zum Schluss dagestanden hatte, wenn die Mannschaften gewählt wurden. Er erinnerte sich an Jasons knochige Beine in den Shorts. Drinnen im Haus war es kalt und roch süßlich nach künstlichem Pfirsicharoma, die Klimaanlage brummte laut.
Auf dem Sofa im Wohnzimmer saßen zwei kleine Mädchen in ärmellosen Kleidern und starrten auf den Fernseher in dem eine japanische Zeichentrickserie lief. „Sagt Hallo zu Ron, Kinder“. Die Mädchen sagten „Hallo“ ohne den Blick vom Bildschirm zu lösen. Ron bemerkte, dass sie schwarze Haare hatten wie ihre Mutter. Durch eine Glastür konnte man in den Garten sehen, in einem nierenförmigen Pool glitzerte das Wasser.
Jason hängte seinen Schlüsselbund an einen Haken im Flur. „Cathy?“
Cathy lehnte am Küchentisch und trank Eistee aus einem schmalen hohen Glas. Während Jason sie auf die Wange küsste, schaute sie zu Ron hinüber. Bei jedem Schluck klackerten die Eiswürfel. Sie trug eine verwaschene Jeans, ein weißes T-Shirt und keine Schuhe. Ihre Zehennägel glänzten in perfektem Rot. An ihr Türkisarmband konnte Ron sich erinnern. „Ich hole mal deine Tasche aus dem Auto“, sagte Jason und ging hinaus. „Möchtest du auch?“ fragte Cathy nachdem Jason gegangen war und hob leicht ihr Glas. Sie ließ Ron nicht aus den Augen. Sie hatte sich kaum verändert, seit er sie das letzte Mal gesehen hatte. Auch heute noch dachte er wenn er Tom Waits die Zeile „Her long hair black as a raven“  singen hörte, immer an Cathy. Er nickte und Cathy nahm ein Glas vom Regal und stellte es in die Mulde in der Kühlschranktür. Auf Knopfdruck spuckte der Kühlschrank Eiswürfel ins Glas. „Kalifornien“, dachte Ron. Früher hatte das wie eine Verheißung geklungen. Cathys Hand streifte seine als sie ihm das Glas gab.
Als er sich umdrehte, sah Ron, dass Jason in der Tür stand mit seiner Tasche in der Hand. Ein grauer Baumwollsocken hing heraus, der sich im Reisverschluss verklemmt hatte.
Ron ging durch das Wohnzimmer nach draußen und setzte sich an den Rand des Pools. Er nahm einen Schluck Tee und tauchte seine Hand ins Wasser. Er hörte Jason und Cathy in der Küche sprechen, konnte aber nicht verstehen, was sie sagten. Ihm fiel auf, dass der Rasen rund um den Pool bräunlich verdorrt aussah.
Er schloss die Augen und fühlte die kalifornische Sonne auf seinem Gesicht.

Nach einiger Zeit kam Jason heraus und ließ sich in einen Liegestuhl fallen. „Sie ist weg“, sagte er. „Was?“, fragte Ron. „Cathy. Sie fährt mit den Kindern zu einer Freundin.“ „Ah“ , sagte Ron. Sie schwiegen. Eine große Fliege, die ins Wasser gefallen war, versuchte mit wilden Bewegungen ihrer Flügel, sich zu retten. „Unsere Ehe ist im Arsch.“ Jason nahm aus der Brusttasche seines Hemdes eine Schachtel Zigaretten, zündete sich eine an und inhalierte tief. „Ich glaube, sie hat einen anderen.“ Auf einmal fiel Ron auf, dass er schwitzte. Er fühlte sich unwohl. Er hätte sich gerne geduscht, aber er wusste, dass er jetzt nicht einfach aufstehen konnte. Also blieb er sitzen und wartete darauf, dass Jason weiter redete, aber der blieb stumm. Zwischenzeitlich hatte es so ausgesehen, als ob die Fliege es schaffen könnte, aber jetzt rührte sie sich nicht mehr.
 „Das ist so verdammt deprimierend“, sagte Jason. Dann sagte er: „Lass uns irgend wo was trinken gehen.“ Sie stiegen ins Auto und fuhren an den bunten Holzhäuschen vorbei zum Highway.
Jason hielt auf einem Parkplatz vor einer Reihe von Lokalen direkt an der Straße. Es gab eine Pizzeria und einen Diner im Fifties-Stil mit verchromter Theke und roten Kunstlederbänken. Aber Jason steuerte auf eine Bar zu, die in großer Leuchtschrift „Topless Service“ versprach. Ron folgte ihm. Es war erst Nachmittag, aber in dem Lokal war es dunkel. Die Wände waren holzgetäfelt und es gab eine Bühne. Eine junge Frau kam auf sie zu und lächelte. Sie trug enge Jeans, Jogging-Schuhe und auf ihrer nackten Brust klebte ein Schildchen mit der Aufschrift: „Hi, I am Mandy.“  Mandy wies ihnen einen Tisch neben der Küchentür zu, obwohl sie die einzigen Gäste waren. Ihre Brüste waren sehr groß, weiße Dreiecke ließen die Form des Bikinioberteils erkennen, das sie getragen hatte. Sie setzten sich und Jason bestellte zwei Gin-Tonics. Gewissenhaft notierte Mandy die Bestellung auf ihrem Block und  Ron sah die feinen Linien  der Operationsnarben unter ihren Brüsten. Er fröstelte, die Klimaanlage blies ihm eisig in den Nacken. Sie tranken die Gin-Tonics und bestellten neue.
„Der Typ, in den sich Cathy verliebt hat, ist Schauspieler“, sagte Jason und zündete sich eine Zigarette an.
„Meine Frau liebt einen Schauspieler und meine Töchter vertragen die Sonne nicht. Sie sind allergisch. Kriegen am ganzen Körper rote Pusteln. Außerdem können sie nicht schwimmen. Ich habe ständig Angst, dass sie in dem idiotischen Pool ertrinken. Das kommt vor, weißt du, genau genommen passiert das hier ständig“
„Sir“, Mandy stand neben Jason, ihre starre Brust ganz nah an seinem Ohr. Von der Seite sah man deutlich den Ansatz des Implantats. „Sir, Sie können hier nicht rauchen.“ Sie stellte einen  kleinen Glasaschenbecher vor ihn hin. Jason sah verstört aus. Er drückte die Zigarette aus, Mandy nahm den Aschenbecher mit spitzen Fingern und brachte ihn weg. „Mann, sagte Jason, „ich hasse Kalifornien.“
Dann sah er Ron an, so als bemerkte er erst jetzt, dass er da war und sagte: „Ich hab dich echt vermisst, du Arsch“. Dabei boxte er ihm gegen die Schulter, viel zu fest für einen freundschaftlichen Klaps. „Wofür war das?“ fragte Ron. „Ach komm, mach mir doch nichts vor, ich weiß, dass du was mit ihr hattest.“ Ron wusste nicht, was er darauf sagen sollte.
Nach einer Weile sagte Jason: „Komm, ich will dir was zeigen“, Sie hatten jeder drei Gin-Tonics getrunken und Jason schwankte leicht als er aufstand. Draußen war es inzwischen dunkel geworden, aus den Restaurants hörte man Lachen und Musik. Schweigend fuhren sie ein paar Kilometer den Highway entlang, dann bog Jason in eine kleine Straße ein, die sich struppig bewachsene Hügel hinauf wand. Ron konnte ein paar Zäune sehen, aber keine Häuser. Die Straße wurde immer holpriger und hörte plötzlich auf. Jason machte den Motor aus, nahm eine Taschenlampe aus dem Handschuhfach und stieg aus. „Komm“, sagte er und lief auf einen Drahtzaun zu. „Wo gehen wir hin?“, fragte Ron. „Komm einfach mit“, sagte Jason und kletterte über den Zaun. Als Ron ihm folgte, bemerkte er, dass der Zaun an der Stelle, wo Jason hinüber gestiegen war, ziemlich ramponiert war. Er kletterte hinter Jason her einen Abhang hinauf. Es war steil und dunkel und Jason ging sehr schnell. Der kreisrunde Lichtfleck der Taschenlampe hüpfte über bräunliches Gras und zähe niedrige Büsche, sorgte aber nicht wirklich für Licht. Immer wieder blieb Ron hängen und stolperte, er rutschte aus und riss sich die Hand an etwas Stacheligem auf als er versuchte sich festzuhalten. Er atmete heftig, als sie am Gipfel des Hügels eine rissige und größtenteils überwucherte Betonplattform erreichten. „Da“, sagte Jason. Ron drehte sich um und schaute hinunter. Unter ihnen erstreckte sich ein Lichtermeer. Die leuchtenden Bänder der Highways, die roten Rücklichter der Autos, die sich wie Lavaströme die Hügel hinunter ergossen. Die blinkenden Neonschilder von Tankstellen und Fast-Food-Lokalen. Die erleuchteten Fenster der Häuser, an den gewundenen Straßen der Siedlungen aufgereiht wie Perlen an einer Schnur. Über all dem ein paar Sterne, die weiter hinten am Horizont von der orange-gelben Lichtglocke über Los Angeles verschluckt wurden. Ein Hubschrauber kreiste langsam über einem Viertel im Osten der Stadt und ließ seinen Scheinwerfer über den zweistöckigen Häusern und den breiten Straßen kreisen, die ausgestorben wirkten.
„Wow“, sagte Ron.

„Ja“, sagte Jason.
Sie standen eine Weile da und schauten hinunter. Dann gingen sie zum anderen Ende der Plattform. Dort stand ein flacher Bungalow, die Fenster mit Brettern vernagelt. In dem kleinen Lichtkreis von Jasons Taschenlampe sah Ron weißen Putz abbröckeln. „Was ist das?“ fragte Ron. „Keine Ahnung, ich glaube hier war mal ein Restaurant“, sagte Jason. Ein paar bemooste Kunststoffstühle lagen herum, deren Beine abgebrochen waren, leere Bierdosen, das Drahtgeäst eines kaputten Regenschirms, ein einzelner Cowboystiefel und eine alte Matratze, deren Füllung herausquoll.
Ron und Jason setzten sich auf die Matratze, die säuerlich nach Erbrochenem roch, und lehnten sich an die Hauswand. Unter ihnen erhoben sich zwei Flugzeuge, dicht hintereinander, in den nächtlichen Himmel. Jason zog einen kleinen Joint aus seiner Zigarettenschachtel, zündete ihn an und als er daran zog, leuchtete die Glut rot auf wie die Hecklichter der Flugzeuge. Jason gab Ron den Joint und hoch oben löste sich eine Sternschnuppe. Ron dachte an die Nächte, die sie in Schlafsäcken in Jasons Garten übernachtet und darauf gewartet hatten, dass ein Außerirdischer, den seine Kumpels auf der Erde zurückgelassen hatten, sich hilfesuchend an sie wandte. Am Morgen kamen sie durchgefroren ins Haus, wo Jasons Mutter ihnen heißen Kakao machte. Ron erinnerte sich mit schlechtem Gewissen daran, dass Jason ihm vor einiger Zeit geschrieben hatte, dass seine Mutter gestorben war.
„Das mit deiner Mutter-“, sagte er. Seine Stimme klang gequetscht und er räusperte sich. Jason sagte „Schon gut.“ Sie sahen sich nicht an. Jason hatte die Taschenlampe ausgemacht. Sie saßen eingehüllt in die Dunkelheit, weit unter ihnen der Lichterteppich, mit dem sie nichts zu tun hatten.

Ron hätte Jason gerne umarmt, aber er tat es nicht. Stattdessen begann er von Dörte zu erzählen.
Wie er vom Balkon seiner Wohnung aus zu ihrem hinübergesehen und sie beobachtet hatte. Wie er sich ihre Telefonnummer besorgt hatte und wie er sie das erste Mal wählte an dem Tag, als ihr Sohn fast vom Balkon gefallen wäre. Vielleicht, sagte er zu Jason, war es nur seinem Anruf zu verdanken, dass Tim nicht gefallen war. Dann hätte er ihm das Leben gerettet. Er erzählte davon, dass er darüber nachgedacht hatte, sie zu fragen, ob sie ihn heiraten wolle. 
Jason hielt den winzigen Stummel, der von dem Joint übrig war zwischen Daumen und Zeigefinger. Er versuchte, noch einmal daran zu ziehen ohne sich die Lippen zu verbrennen. Dann schnipste er ihn auf den Boden, wo er verglühte wie ein winziger Komet. Jason fragte: „Du willst sie heiraten, weil du ihr Kind gerettet hast?“ und Ron erzählte Jason von dem chinesischen Sprichwort, das er einmal irgendwo gelesen hatte, in dem es hieß, dass man für immer für jemanden verantwortlich ist, dem man das Leben gerettet hat.  „Ich finde“, sagte Jason, „ die Chinesen werden allgemein überschätzt.“

 Später, als die Nacht schon fast vorbei war, fielen ihnen die Augen zu. Die Stadt lag da wie der glimmende Rest eines erlöschenden Feuers. Sie schliefen ein, kurz bevor das grünlich phosphoreszierende Licht über ihnen am Himmel erschien und sich tänzelnd näherte.
 Als Ron aufwachte war sein Nacken schmerzhaft verspannt. Milchiges Morgenlicht füllte den Himmel. Jason war im Schlaf zur Seite gesunken, sein Kopf lag in Rons Schoß. Eine kleine grüne Eidechse saß zu seinen Füßen und Ron hatte das Gefühl, als sei irgendetwas passiert. Sein Gesicht glühte, so als wäre er zu lange in der Sonne gewesen. Er schaute hinunter auf Jason in seinem Schoß. Die grauen Haare an den Schläfen waren verschwunden, ebenso die Fältchen um seine Augen. Sein Mund war ganz leicht geöffnet und während Ron auf ihn hinunter sah, seufzte er leise.
Ron trug keine Uhr. Jasons Arm mit der Rolex war von seinem schlafenden Körper verdeckt. Ron hätte gerne gewusst, wie spät es war. Aber er wollte Jason nicht wecken.